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Constable-Maxwell Siegesbecher

56.000 €
Verfügbar
Objektnummer
AR3200
Objekt: Constable-Maxwell Siegesbecher

Material: Bernsteinfarbenes, klares Glas.

Datierung: 1. Jh. n. Chr.
Römische Kaiserzeit.

Beschreibung:    Zylindrischer Becher mit kurzer, nach außen weisender Lippe und kreisförmigem Standring. Das Glas wurde bei der Herstellung in eine zweiteilige Form geblasen und erhielt somit sein Dekor auf der Außenseite. Die Fläche wird durch zwei horizontale Linien in drei Register geteilt. Das obere und untere Register ist mit jeweils sechs stilisierten Siegeskränzen gefüllt. Das mittlere Register trägt den umlaufenden Schriftzug "ɅABE THИ NEIKHN", was in heutiger Sprache ausgedrückt würde als "Pack dir den Sieg". Unterbrochen werden die horizontalen Register durch zwei vertikale Palmzweige auf gegenüberliegenden Seiten des Bechers. Diese kaschieren elegant den Wulst, der bei der Fertigung entsteht, wo sich die beiden Formhälften berühren.

Hintergrund: Es handelt sich um einen sogenannten Siegesbecher, benannt nach dem auf der Glasware verarbeitetem Thema. In der Forschung wird vermutet, dass es sich bei dem Trinkbecher um ein Erinnerungsstück für die Teilnehmer eines Gladiatorenwettkampfs oder eines Wagenrennens handelte. Die genaue Verwendung ist zwar nicht aus antiken Quellen überliefert, aber der grobe Kontext ist aus der Symbolik und Beschriftung absolut klar.
In Form geblasene Becher wie dieser waren in der römischen Kaiserzeit beliebt. Sie werden als "sidonisch" bezeichnet, weil Forscher die phönizische Stadt Sidon an der Levante für den Herkunftsort halten. Der Ort wird in antiken Quellen als wichtiges Zentrum der Glasproduktion erwähnt. Dort stellte man Gefäße mit horizontalen Zierbändern her, indem man den Glasrohling in eine strukturierte Form blies. Die Formen wurden so geschickt geteilt, dass die Nähte an Trennlinien der Dekorationsfelder lagen oder wie in diesem Fall Teil eines Dekorationselements sind. Die Glasbecher aus Sidon wurden in das gesamte römische Reich exportiert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang das gespiegelte "N" in der Inschrift des Constable-Maxwell Bechers. Es könnte ein Fehler bei der Herstellung sein. Es wurde jedoch spekuliert, dass es absichtlich verwendet wurde, als Zeichen der Werkstatt, die diesen Becher produzierte. Auch wenn diese Frage aktuell nicht geklärt ist, ist der Becher dennoch ein wichtiges Vergleichsstück für zukünftige Funde der mutmaßlich selben sidonischen Glashütte.

Maße: 67mm Höhe. 69mm Durchmesser.

Zustand: Aus mehreren Fragmenten professionell restauriert, insbesondere Schäden an der Lippe und am Standring ausgebessert. Zarte Patina. Das schöne klare Glas mit Bernsteinfarbton ist gut erkennbar. Die Abformungen sind perfekt erhalten. Ein Prachtexemplar für seine Gattung.

Provenienz: Von uns 2021 im britischen Kunsthandel erworben. Zuvor in einer US-amerikanischen Privatsammlung. In diese erworben aus der Sotheby's London Auktion vom 24. November 1997, Los 15. In die Auktion eingeliefert vom British Rail Pension Fund. Dieser britische Pensionsfonds erwarb in den späten 1970er Jahren für 40 Millionen Pfund Kunst als Wertanlage und zur Diversifizierung des Portfolios. In den späten 1980er und den 1990er Jahren wurden die Objekte wieder verkauft. Das Auktionshaus Sotheby's war dafür exklusiver Partner. So wurde dieses Stück vom British Rail Pension Fund in der Auktion Sotheby Parke Bernet London vom 4. Juni 1979 erworben, dort Los 229. Die Auktion widmente sich der berühmten britischen Privatsammlung Constable-Maxwell, aus der auch dieser Glasbecher stammt. In die Sammlung erworben in den vorigen Jahrzehnten im internationalen Kunsthandel. Als Herstellungsort des Glases kann die antike Stadt Sidon angenommen werden, im heutigen Libanon.

Die Privatsammlung Constable-Maxwell gehörte zu den bedeutendsten Sammlungen antiker Gläser des 20. Jahrhunderts. Das Ehepaar Constable-Maxwell baute seine Sammlung in nur 20 Jahren auf. Dies gelang mit einem klaren Fokus auf qualitativ hochwertige Gläser. Der Brite und als Bankier in der Schweiz tätige Andrew Constable Maxwell (1906-1990) stellte zudem große finanzielle Mittel für die gemeinsame Sammlung mit seiner Ehefrau bereit. Zeitlich und kulturell spannt die Sammlung den Bogen von ägyptischen Gläsern aus der 18. Dynastie bis zu Gläsern des islamischen Goldenen Zeitalters. Ein Schwerpunkt liegt jedoch auf Gläsern der römischen Kaiserzeit. Der hier vorliegende Becher wird von Donald Harden als besonders schönes Gefäß seiner Art hervorgehoben, als er die Sammlung im Katalog der Constable-Maxwell Collection of Ancient Glass umschreibt (Sotheby Parke Bernet & Co., London, 1979). Das Prunkstück der Sammlung war ein Diatretglas, welches im Jahr 2004 für rund 3 Mio. Euro den Besitzer wechselte (Bonhams, Auktion 11380, Los 18).

Publikationen: Exemplar aus Sotheby Parke Bernet & Co., Catalogue of the Constable-Maxwell Collection of Ancient Glass (London, 1979), S. 128f, Nr. 229.
Exemplar aus Sotheby's, Important Ancient Glass from the Collection formed by the British Rail Pension Fund (London, 1997), S. 42f, Nr. 15.
Ausführlich beschrieben und abgebildet in Susan B. Matheson, Ancient Glass in the Yale University Art Gallery (New Haven, 1980), S. 53f, Nr. 133.
Von 1980 bis 1985 Leihgabe im Victoria and Albert Museum, London.
Von 1985 bis 1995 Leihgabe im Corning Museum of Glass, Corning, New York.

Referenzen: Bei dem Becher handelt es sich um eine bekannte antike Produktserie, in der Fachliteratur als Harden K 1 Gruppe iii c bezeichnet. Dies geht zurück auf die erste und heute noch wegweisende ausführliche Diskussion der Siegesbecher bei D. B. Harden "Romano-Syrian Glasses with Mould-blown Inscriptions" im Journal of Roman Studies, Volume XXV (London, 1935), Seiten 168-188. Harden führt 17 Siegesbecher auf, wobei ihm das vorliegende Stück damals offenbar noch nicht bekannt war und nicht enthalten ist. Viele Jahrzehnte später, im Jahr 2001, spricht Whitehouse in seinem Klassiker Roman Glass in the Corning Museum of Glass von 20 bekannten Exemplaren. Die Anzahl der Siegesbecher in Museen und auf dem Kunstmarkt ist somit überschaubar klein.
Wir möchten speziell die nachfolgenden Siegesbecher als Parallele nennen, denn sie sind exakt vom selben Typ des hier vorliegenden Exemplars und offenkundig aus derselben Werkstatt.
Exemplar aus dem Musée des Beaux-Arts Lyon, Inventarnummer E 382-2.
Exemplar aus dem Louvre, Inventarnummer MNE 136.
Exemplar aus dem British Museum, Registrierungsnummer 1894,1101.108.
Exemplar aus dem Corning Museum of Glass, Inventarnummer 55.1.4.
Und im Kunsthandel das Exemplar Christie's New York Auktion 9204 vom 3. Juni 1999, Los 167. Das Stück wurde für 55 tsd. USD zugeschlagen.

Echtheit: Die Echtheit wird, wie bei allen unseren Objekten, ohne zeitliche Einschränkung garantiert.