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Portraitkopf einer Frau - Palmyra, 2. Jh. n. Chr.

Price: on request
Sold
Object number
AR1757
Objekt: Portraitkopf einer Frau, auf schwarzem Metallsockel montiert
Material: Heller Kalkstein, mit Spuren von Bemalung und Patina.
Maße: Höhe: 24,5 cm.
Datierung: Ende 1. - 2. Jh. n. Chr.
Zustand: Museal erhaltenes Stück. Vollständig, auch die Nase, welche bei antiken Portraits oft abgebrochen ist, ist unbeschädigt.
Stoßstellen auf der Wange. Der Kopf zierte einst ein Grabrelief oder war Teil einer funerären Bankettszene.
Beschreibung: Die portraitierte Palmyrenerin trägt auf dem Kopf einen Turban, der ein typisches Kennzeichen der palmyrenischen Tracht ist. Vermutlich wurde für diesen ein langrechteckiges Stoffstück verwendet, das, ausgehend von der vorderen Kopfmitte zum Nacken und von dort aus wieder zur Stirn geführt wurde, wo beide Stoffteile miteinander verschlugen und schließlich im Nacken durch einen Knoten fixiert wurden. Über die turbanförmige Kopfbedeckung war möglicherweise ein Tuch gelegt gewesen, welches ansatzweise erhalten ist.
Um die Stirn ist ein breites Stirnband gelegt, welches meist als "Diadem" bezeichnet wird, siehe hierzu auch die Diskussion bei H. Ingholt, Studier over palmyrensk Skulptur (Kopenhagen 1928) PS 30 S. 52 ff. Diese Diademe bestanden vermutlich einst aus einem brokatartigen Band, das reich mit Metallfäden bestickt gewesen ist. Das vorliegende Beispiel ist durch acht vertikale Linien geschmückt. Die Haare sind an den Seiten unter dem Diadem sichtbar und schräg nach hinten gekämmt. Vermutlich konnten sie im wahren Leben im Nacken oder auf dem Hinterkopf zusammengenommen werden. Die Haarsträhnen sind fein gearbeitet und zeigen einen wellenförmigen Verlauf. Die Augenbrauen sind durch eine schmale, geschwungene Rille widergegeben und waren einst schwarz koloriert. Die Augen sind mandelförmig geschnitten, die Iris ist durch eine tiefe Rille abgesetzt. Das vorliegende Stück zeigt keine gebohrten Pupillen, die in der stadtrömischen Kunst erst ab der Hadrianischen Zeit nachweisbar sind. Dies könnte auf eine Datierung ins späte 1. oder frühe 2. Jh. n. Chr. hinweisen, jedoch sind auch spätere Exemplare ohne gebohrte Pupillen bekannt.
Die Nase ist gerade und relativ lang, das Karnat der Wangen füllig, der Mund schmal und zusammengekniffen, so dass die Mundwinkel leicht nach unten gezogen sind.
Referenzen: K. Tanabe, Sculptures of Palmyra (Tokyo 1986):
- S. 224 Nr. 191; 193. Hypogäum des Bulha, vgl. Frau des Bulha aus der Bankettszene. Das Hypogäum datiert auf 89 n. Chr.
- S. 228 Nr. 195. Hypogäum des Bulha, vgl. Büste der LBN, Tochter des YRHY BWLḤ. Das Hypogäum datiert auf 89 n. Chr.

Für eine eingehende Diskussion des Hypogäums siehe:
M. Gawlikowski, Recueil d’inscriptions palmyréniennes provenant de fouilles syriennes et polonaises récentes à Palmyre (Paris 1974)

K. Tanabe, Sculptures of Palmyra (Tokyo 1986) S. 367 Nr. 336, Grabbüste einer Dame mit 3 Kindern, undatiert.

A.M. Nielsen, Katalog Palmyra samlingen ny Carlsberg Glyptotek (Kopenhagen 1993) S. 97 Nr. 54, datiert auf ca. 160 n. Chr.
Historisches: In der Antike war die Oasenstadt Palmyra ein wichtiger Handelsposten auf einer Karawanenroute, welche sich von Damaskus bis zum Euphrat erstreckte. Der Name, den die Stadt erst in römischer Zeit bekam, leitet sich vom lateinischen "palma" = Dattelpalme ab. Heute liegt neben den Ruinen des antiken Palmyra die Stadt Tadmor.

Die frühesten Spuren der Anwesenheit von Menschen lassen sich bis ins Neolithikum verfolgen. Die Oase und die sie speisende östliche Quelle dienten dabei vermutlich als Kult- sowie als Badestelle. Aus der Bronzezeit (kontinuierlich von der Frühbronzezeit um ca. 2200 v. Chr. bis ins Ende der Spätbronzezeit im 12. vorchristlichen Jahrhundert reichend) stammen dann die ersten durch Grabungen nachgewiesenen Besiedelungsspuren im Osten des späteren Stadtgebiets. Diesen folgte eine etwa 1 Jahrtausend währende Siedlungslücke, nach der der Siedlungshügel (Tell) ca. 300 v. Chr. offenbar nivelliert wurde. Im 1. Jh. v. Chr. entstand an dieser Stelle der hellenistische Vorgänger des Hauptheiligtums von Palmyra, des Baal (oder Bêl)-Tempels. Der heute erhaltene Tempel entstand dann zwischen ca. 19 und 32 n. Chr. In byzantinischer Zeit wurde die Cella des Tempels zu einer christlichen Kirche umfunktioniert und schließlich im 12. Jahrhundert zu einer Moschee umgestaltet. Im Jahre 1875 zählte die Bevölkerung des befestigten Tempelbereichs noch ca. 800 Mann sowie eine 40 Mann starke Garnison. Unter der französischen Verwaltung wurde 1930-32 die Bevölkerung in ein neu angelegtes Dorf umgesiedelt und der Tempelbezirk geräumt.

Der zweite Siedlungsschwerpunkt lag im äußersten Westen bei einer zweiten Quelle. Eine urbane Besiedelung lässt sich bis ins 1. Jh. v. Chr. nachweisen, im 3. Jh. n. Chr. befand sich hier mutmaßlich der Palast der Fürsten von Palmyra (Odaenathus, Vaballaathus, Zenobia). Nach der Zerstörung Palmyras 272 n. Chr. durch die Truppen Aurelians baute Diokletian die Stadt 293 - 303 n. Chr. in einem kleineren Rahmen wieder auf und errichtete an dieser Stelle sein Truppenlager. Zur Blütezeit ihrer Entwicklung um die Mitte des 3. Jh. n. Chr. zählte Palmyra vermutlich 150.000 - 200.000 Einwohner. Schon ein halbes Jahrhundert später waren es unter Diokletian vermutlich nur 30.000 Einwohner, unter Justinian im 6. Jh. sogar gerade mal 15.000.

Den dritten Siedlungsschwerpunkt bildete das zwischen den beiden Polen gelegene Gebiet der Agora. Gegen Ende des 1. Jh. v. Chr. wurde das Stadtgebiet von einer aus Lehmziegel errichteten Stadtmauer umzogen. An der Ausfallstraße nach Damaskus befand sich vor dem Damaskustor die Südwestnekropole. Weitere große Nekropolen lagen im Südosten, Norden und Westen (das sogenannte "Tal der Gräber"). Im einfachsten Fall waren die individuellen Gräber durch eine Stele gekennzeichnet, welche den Namen des Verstorbenen trug. Aufwändig gestaltetere Monumente wurden zudem durch die Darstellung eines zwischen Palmenzweigen angebrachten Vorhangs und in einigen Fällen auch durch Portraits der Verstorbenen verziert. Hinzu kommen die monumentalen Grabbauten, welche einer oder mehreren Familien als Begräbnisstätte dienten. Beliebt war dabei die Darstellung von Bankettszenen, mehrere exzellent erhaltene Beispiele sind überliefert. Einzigartig im nahen Osten ist die seit dem 1. Jh. n. Chr. greifbare Kombination von Grabturm und Hypogäum. Diese Grabtürme besaßen mehrere Stockwerke, die größten Anlagen bargen bis zu 3.000 Bestattungen, welche auf jeder Etage über- und nebeneinander lokalisiert gewesen sind. Die Grabstätten waren mit Steinplatten verschlossen, von denen einige ein Bildnis des Verstorbenen zeigten, während andere bildlos waren. Während die Anlagen von außen schmucklos waren, war ihr Inneres aufwändig dekoriert. Schließlich zu nennen sind die im 2. Jh. einsetzenden Hausgräber.

Nur wenig ist zu dem palmyrenischen Totenkult und dem Totenglauben überliefert. Aus der Ikonographie der Gräber wird vermutet, dass die Palmyrener den griechischen Seelenglauben teilten und damit an eine Trennung von Leib und Seele nach dem Tod glaubten, diese Annahmen lassen sich jedoch bislang nicht durch Inschriften belegen.

Charakteristisch und sehr bekannt sind die palmyrenischen Grabreliefs, welche fast ohne Ausnahme aus einem gelben oder hellgrauen Kalkstein gefertigt wurden. Bislang sind ca. 1000 Grabskulpturen bekannt, welche dazu dienten, die lokulusartigen Gräber zu verschließen. Nicht alle Darstellungen trugen dabei eine Inschrift. Kunsthistorisch sehr wichtig ist jedoch die Tatsache, dass sich die meisten beschrifteten Reliefs absolut datieren lassen, wodurch die Identifizierung einer Stilentwicklung und die Ableitung einer relativen stilistischen Chronologie möglich wird. So identifizierte H. Ingholt als erster drei chronologisch aufeinanderfolgende Stilgruppen (H. Ingholt, Studier over palmyrensk Skulptur (Kopenhagen 1928)). Generell zeigt die palmyrenische Kunst einen starken orientalischen, also vor allem parthischen Einfluss. Kennzeichnende Merkmale sind eine relativ starre Frontalität und eine lineare Bearbeitung, vor allem im Faltenwurf der Kleidung sowie in der Haartracht. Ein weiteres Merkmal sind die gebohrten Pupillen und die Wiedergabe der Augenbrauen als schmale Rillen oder in Form einer gedrehten Kordel.
Literatur: [1] Für eine ausführliche Geschichte von Palmyra, welche hier in den wichtigsten Zügen zusammengefasst ist, siehe: A. Böhme - W. Schottroff, Palmyrenische Grabreliefs (Frankfurt a. M. 1979)
[2] A. Henning, Die Turmgräber von Palmyra: eine lokale Bauform als Ausdruck kultureller Identität (Köln 2001)
[3] G. Degeorge, Palmyra (München 2002)
[5] K. Tanabe, Sculptures of Palmyra (Tokyo 1986)
[4] H. Ingholt, Studier over palmyrensk Skulptur (Kopenhagen 1928)
Provenienz: 2011 in einem traditionellen deutschen Auktionshaus erworben. In dieses eingeliefert vom Erben einer französischen Sammlung, welche in den 1960er Jahren angelegt wurde.
Echtheit: Die Echtheit wird, wie bei allen unseren Objekten, ohne zeitliche Einschränkung garantiert.